Im März erhielt ich einen Anruf. Eine alte Bibel war abzugeben.
Hörte sich recht unspektakulär an. Ich horchte auf, als ich erfuhr, dass es eine alte Bibel war, die früher im Gottesdienst in Schwarzhofen, einem Außenort der Gemeinde, verwendet wurde.
Noch interessanter wurde es, als ich die Bibel in die Hand kriegte und wir mit der Recherche begannen:
Die Bibel wurde laut Widmung 1906 zum 25-jährigen Diakonissenjubiläum der Diakonisse Maria Ramboldt geschenkt. Ich nahm also Kontakt mit der Diakonissengemeinschaft Neuendettelsau auf, um mehr über das Leben von Sr. Maria Ramboldt zu erfahren. Mich interessierte vor allem: Hatte sie irgendeine Verbindung zu Neunburg vorm Wald?
Maria Ramboldt wurde 1856 in Vohenstrauß geboren und trat 1875 in die Diakonissengemeinschaft ein und 1881 eingesegnet. In den 35 Jahren ihres Wirkens kam sie in unserer Landeskirche herum:
Sie wirkte in Neuendettelsau, Hof, München, Nürnbert, Polsingen, Trautskirchen und ihrem Heimatort Vohenstrauß, der uns am nächsten ist (45km).
Sie arbeitete in vielen verschiedenen Bereichen: Als Gemeindeschwester, als Krankenschwester, einer Bäckerei und Schule.
1916 starb sie in Trautskirchen. Der Weg ihrer Bibel verliert sich für einige Jahrzehnte. Irgendwann kam sie zum Martin-Luther-Verein, der sie 1951 an das damalige exponierte Vikariat Neunburg vorm Wald als Gottesdienstbibel übergab.
Pfarrer Bieß übergab sie dann an Carolina und August Militzke. Diese waren evangelische Flüchtlinge, die nach Schwarzhofen, gekommen waren.
In Schwarzhofen, ca 10 km von Neunburg weg, gab es ca 200 evangelische Flüchtlinge. So wurde in der damaligen Schule im ehemaligen Kloster mit der Bibel Gottesdienst gefeiert. Bald nahm jedoch die Zahl der Gottesdienstbesucher ab. Also wurde der Gottesdienst ab 1952/53 in die Privatwohnung von Fam. Milittzke „beim Albert Graf“ am Ortseingang von Schwarzhofen verlegt. Es kamen meist unter 10 Leute.
Die Gottesdienste schliefen später ganz ein, die Bibel wurde aber weiterhin von Fam. Militzke und später von deren Tochter Johanna Simniuk aufbewahrt.
Deren Tochter, Renate Sturm, übergab sie im März 2022 wieder der Kirchengemeinde Neunburg.
Durch wie viele Orte ist nun diese Bibel gereist? Durch wie viele Hände ist sie gegangen? Wie viele Gottesdienste hat sie mitgefeiert?
Ich finde es faszinierend, wie diese alte Bibel gereist ist. Wie sie uns heute mit Sr. Ramboldt und mit den Christen in all ihren Wirkungsorten verbindet. Und freue mich darüber, dass die Bibel zu uns zurückgekommen ist und einen Platz bei einigen genauso alten und weit gereisten Bibeln findet.
Pfr. Gerhard Beck