Norbert Zingler, Jahrgang 1942, berichtet von seiner Zeit in Dieterskirchen (1945-1956)
„Im Dezember 1945 kamen wir - meine Mutter, die Großeltern, Tanten und ich - nach Dieterskirchen.
Mein Vater hatte am Krieg teilgenommen und ist seitdem vermisst. Wir hatten fast ein Jahr Unterwegsein hinter uns. Die Flucht aus Schlesien – dort bin ich in Liegnitz geboren - hatte im Januar 1945 begonnen.
Mit uns waren viele Flüchtlinge gekommen, darunter mehrere evangelische. 1946 kam Pfarrer Steib nach Neunburg und sammelte die evangelischen Christen. In Dieterskirchen fanden alle 14 Tage - am Sonntag um 14 Uhr - Gottesdienste statt. Der katholische Pfarrer hatte angeboten, die evang. Gottesdienste in seiner Kirche zu halten. Pfarrer Steib lehnte ab mit der Begründung, die Kinder würden in der reich ausgeschmückten Kirche abgelenkt. So feierten wir die Gottesdienste in einem Schulzimmer (Die damalige Schule ist heute Rathaus.).
Das Kruzifix bekamen wir vom katholischen Pfarrer. Der Corpus war silberfarbig, ein Arm war abgebrochen. Pfr. Steib sorgte für den jetzigen hölzernen. Als dann die Zahl der Evangelischen abnahm und meine Mutter und ich vom Wohnungsamt ein Zimmer im Haus einer katholischen Stiftung zugewiesen bekamen - das Haus ist abgerissen, da hat die Firma Bauriedel ihr Autohaus aufgebaut -, fanden die Gottesdienste in unserer Einzimmerwohnung statt.
Für die damals 8 Kinder aus 8 Klassen fand jeden Freitag von 11 bis 13 Uhr Religionsunterricht statt - für alle in einer Gruppe.
Ich wohnte seit 1952 in Weiden im Evangelischen Alumneum und besuchte das dortige humanistische Gymnasium. Den Konfirmandenunterricht besuchte ich in Weiden und kam dann zur Prüfung und Konfirmation nach Neunburg. Dort war inzwischen Pfarrer Bieß eingezogen. Da er erst 14 Tage vor Ostern ordiniert worden war, fand die Prüfung am Palmsonntag statt und die Konfirmation am Ostersonntag (1. April 1956), also vor 60 Jahren.
Im Herbst 1956 sind meine Mutter und ich nach Weiden gezogen. Um die Gottesdienste hat sich dann Frau Franzke gekümmert. Als die Zahl der Evangelischen immer kleiner wurde, hörten die Gottesdienste auf. Das Kruzifix habe ich später von Frau Franzke bekommen – sie gab es mir, weil ich schließlich Pfarrer sei. Nun gebe ich es der Kirchengemeinde Neunburg als Erinnerung zurück. Gerne denke ich an meine Kindheit in Dieterskirchen zurück.“
Norbert Zingler, 2016